Geschäftsbericht des Vorsitzenden der Gesellschaft für die Geschichte des reformierten Protestantismus vorgelegt zur Mitgliederversammlung am 19. März 2017
Dr. J. Marius J. Lange van Ravenswaay
Die Gesellschaft für die Geschichte des reformierten Protestantismus (GGRP) hat es sich von Anfang an zur Aufgabe gemacht, besondere Bereiche aus dem großen Fundus der Geschichte der reformierten Konfessionsfamilie zu benennen und diese einem breiteren Kreis von Interessierten zugänglich zu machen. Dabei sollten neben den ausgewiesenen Forschungserträgen auch Werkstattberichte so integriert werden, dass das Gespräch und der Austausch unter den beteiligten Teilnehmern und Teilnehmerinnen der von ihr ausgerichteten Tagungen und Konferenzen ein breiter Raum eingeräumt wird.
Das Reformations-Jubiläumsjahr 2017 stellt dabei auch für unsere Gesellschaft eine besondere Herausforderung dar. Dass wir uns nun in diesem Jahr der spezifischen Frage der Diakonie widmen, mag der Tatsache geschuldet sein, dass sich der reformierte Protestantismus in weiten Teilen von Anfang an dem Phänomen von Verfolgung, Vertreibung und Flucht ausgesetzt sah, was besondere diakonisch-soziale Maßnahmen erforderte.
Die 11. Internationale Emder Tagung zur Geschichte des reformierten Protestantismus findet daher unter dem Zitat Johannes Calvins „Wir sollen menschlich sein…“ und dem dieses Zitat präzisierende Leitthema „Diakonie im reformierten Protestantismus“ statt. Dabei ist es eine nunmehr bewährte Tradition, dies in offizieller Kooperation mit der Johannes a Lasco Bibliothek (JALB) zu tun, ist sie es doch, die sich wie keine andere wissenschaftliche Institution in Deutschland mit ihrer Arbeit und ihren besonderen Sammlungen der Geschichte des reformierten Protestantismus verpflichtet fühlt.
Dass ein großer Teil der Vorträge und Werkstattberichte unserer Tagungen eingängig und zeitnah in den Emder Beiträgen zur Geschichte des reformierten Protestantismus veröffentlicht wird, soll an dieser Stelle besonders hervorgehoben werden. So konnten die Vorträge der 10. Internationalen Tagung als von Thomas Kuhn und Nicola Stricker herausgegebener Band „Erinnert, verdrängt, verehrt. Was ist Reformierten heilig?“ allen Gesellschaftsmitgliedern als Jahresgabe zugesandt werden.
Ein bedeutender Bestandteil der Arbeit unserer Gesellschaft ist sodann die Verleihung des J. F. Gerhard Goeters-Preises, der an den 1996 verstorbenen Bonner Kirchenhistoriker Johann Friedrich Gerhard Goeters erinnert und für eine herausragende deutschsprachige Dissertation oder Habilitationsschrift zu einem Thema der Geschichte des reformierten
Protestantismus verliehen wird und mit 1500,00 € dotiert ist. Dass der J. F. Gerhard Goeters-Preis mittlerweile einen festen Platz im Regen der den Geisteswissenschaften verpflichteten Wissenschaftspreise eingenommen hat, zeigt die große Anzahl an Anfragen und Bewerbungen zu diesem Preis.
In diesem Jahr zeichnet die Gesellschaft für die Geschichte des reformierten Protestantismus Herrn Dr. Markus Totzeck für seine Arbeit. „Moses politische Gesetze. Humanistische Kontexte, konfessionelle Eigenarten und transkonfessionelle Aspekte eines Rechtsvorbildes in Schriften der Frühen Neuzeit“ mit dem J.F. Gerhard Goeters-Preis aus.
Das Jahr 2017 hat mit seinem kaum zu zählenden kirchlichen Sonderveranstaltungen, wissenschaftlichen Konferenzen, Ausstellungen, Konzerten und Symposien zum Reformationsjubiläum eine besondere Qualität. Gleichwohl scheint der Fokus dabei – wenn ich es recht sehe – meist auf die verschiedenen Regionen Deutschlands gerichtet. Eine Fokussierung, die in der Gefahr steht, auch inhaltlich zur Engführung zu geraten. Es ist mir daher eine ganz besondere Freude und Ehre, dass der Ratspräsident des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbund (SEK) und überdies auch Geschäftsführender Präsident der Gemeinschaft evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) Dr. Gottfried Locher im Rahmen unserer Tagung einen Vortrag hält und der SEK zu einem Empfang lädt. Damit wird deutlich, wie sehr insbesondere die Reformierten sich im Kontext der protestantischen Konfessionsfamilien international verstehen und verbunden fühlen.
Damit komme ich zu einem Ausblick auf das kommende Jahr. Für den 22. und 23. November 2018 plant die GGRP in Kooperation mit den Universitäten Amsterdam und Kampen sowie der JALB eine deutsch-niederländische Tagung in Wuppertal, die wiederum eben dieser internationalen Verbundenheit Rechnung trägt. Für den 17. – 19. März 2019 ist sodann die Internationale Emder Tagung zur Geschichte des reformierten Protestantismus geplant.
Mein Bericht wäre unvollständig ohne den besonderen Dank, den ich den MitarbeiterInnen des Reformierten Bundes in Deutschland, den MitarbeiterInnen der JALB und allen Mitgliedern des Vorstands der GGRP aussprechen möchte. Ohne sie wären unsere Vereinsverwaltung, die Realisierung der Tagungen und unsere Publikationen nicht möglich.
Und schließlich: Nachdem ich selbst unserer Gesellschaft nunmehr 16 Jahre als Vorsitzender zur Verfügung stand, habe ich mich entschlossen, dieses besondere Jubiläumsjahr zum Anlass zu nehmen, mein Amt als Vorsitzender mit Ablauf der 11. Internationalen Emder Tagung niederzulegen. Daher danke ich Ihnen für das mir in den vergangenen Jahren entgegengebrachte Vertrauen sehr herzlich. Gleichzeitig gebe ich der festen Zuversicht Ausdruck, dass die Arbeit der GGRP unvermindert interessant und fruchtbar weitergehen wird.
Erlauben Sie mir, sowohl meinen Dank als auch meinen Wunsch für die GGRP aus gegebenem Anlass mit einem Wort des Wittenberger Professors und Predigers Martin Luther aus dem Jahr 1524 zu schließen: „Arbeiten muss und soll man, aber…des Hauses Fülle ja nicht der Arbeit zuschreiben, sondern allein der Güte und dem Segen Gottes…. Gott will die Ehre habe, denn er allein gibt alles Gedeihen.“ (WA 15, 366, 15ff)