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Du großer Schmerzensmann...
Impuls zum Wochenlied am Sonntag Palmarum: EG 87
Bei diesem Lied steht mir der Gekreuzigte vor Augen, wie Matthias Grünewald ihn auf seinem Isenheimer Altarbild dargestellt hat. Das Gesicht des Sterbenden ist blutüberströmt von der Dornenkrone, die tief in die Stirn schneidet, der Körper übersät mit den Wunden der Geißelung: man sieht noch einige der Stachel darin; die Hände mit den langen Fingern scheinen sich verkrampft in den Himmel zu bohren. Man hört förmlich den Schrei: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen.
Ein Bild der Kunst, das mir die Qual des Gekreuzigten so drastisch vor Augen hält, dass ich es kaum aushalte. Ähnlich, wie ich die realen Bilder Gefolterter kaum ertrage.
Brauchen wir diese Bilder menschlicher Grausamkeit und fremden Leidens? Was richten sie aus? Etwas anderes als Erschrecken, Mitleid, oder vielleicht ein sadistisches Prickeln? Gewöhnen wir uns womöglich auch durch die Darstellungen des Gekreuzigten an die Anblicke, die zeigen, wozu Menschen fähig sind? Stumpfen wir vielleicht sogar ab, wenn sie in unserer Kirche hängen und wir sie Sonntag für Sonntag sehen?
Oder transportieren die Kreuzigungsbilder durch die Augen ins Herz, was unser Verstand kaum zu fassen vermag: „Dein Kampf ist unser Sieg, dein Tod ist unser Leben, in deinen Banden ist die Freiheit uns gegeben?“ (Vers 3) Leiten sie an zu der (Für)Bitte: „Dein Angst komm uns zugut, wenn wir in Ängsten liegen, durch deinen Todeskampf lass uns im Tode siegen?“ (Vers 5) Oder ist es hilfreicher, das biblische Bilderverbot zu beachten?
Sylvia Bukowski, 13. April