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Annette Kurschus ist von ihrem Amt als EKD-Ratsvorsitzende zurückgetreten
EKD: Auch ihr Amt als Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen legt sie nieder
In einer persönlichen Erklärung sagte Kurschus, sie sei mit sich "im Reinen". Sie habe "zu jeder Zeit nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt". Inzwischen habe sich die Lage aber "derart zugespitzt, dass es für mich nur eine Konsequenz gibt, um Schaden von meiner Kirche abzuwenden".
Kurschus war ab 2012 Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, ab 2021 Vorsitzende des EKD-Rates. Zuvor arbeitete sie unter anderem als Gemeindepfarrerin, später als Superintendentin des Evangelischen Kirchenkreises Siegen.In den vergangenen Tagen wurden Missbrauchsvorwürfe gegen einen ehemaligen Mitarbeiter des Kirchenkreises Siegen-Wittgenstein öffentlich. Nach Informationen der Siegener Zeitung beschuldigen acht Männer den heutigen Rentner, sie in den 1980er und 1990er Jahren zu sexuellen Handlungen gedrängt zu haben. Kurschus wird vorgeworfen, von einem der Betroffenen schon in den 1990er Jahren informiert worden zu sein.
Kurschus kannte den beschuldigten Mitarbeiter nach eigenen Aussagen gut. Sie weist die Vorwürfe aber zurück. Sie habe damals "allein die Homosexualität und die eheliche Untreue des Beschuldigten wahrgenommen".
Kirsten Fehrs, Bischöfin im Sprengel Hamburg und Lübeck der Nordkirche, übernimmt kommissarisch den Ratsvorsitz. Sie wurde 2021 zur stellvertretenden Ratsvorsitzenden der EKD gewählt. In der Evangelischen Kirche von Westfalen übernimmt Vizepräsident Ulf Schlüter kommisarisch das Amt des Präses der Landeskirche.
Anna-Nicole Heinrich, Präses der EKD-Synode, dankte Kurschus in einer Stellungnahme für die Zusammenarbeit zwischen Synode und Ratsvorsitzende. "Ich hoffe, dass die Entscheidung von Annette Kurschus nun den notwendigen Raum für die weitere Aufarbeitung des Falles und des Umgangs mit ihm schafft", so Heinrich.
Ulf Schlüter, Theologischer Vizepräsident der Evangelischen Kirche von Westfalen, sagte in einer Stellungnahme, er respektiere Kurschus‘ Entscheidung, ihre Ämter aufzugeben, und halte sie für richtig. In leitender Position, wie als Präses einer Landeskirche oder Ratsvorsitzende der EKD, sei es "unumgänglich, mit uneingeschränkter öffentlicher Reputation zu agieren".
Nach dem Rücktritt der Präses gab ein weiteres nebenamtliches Mitglied der Kirchenleitung sein Amt ab: Michael Bertrams, ehemaliger Präsident des Verfassungsgerichtshofs und des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, erklärte, ohne Annette Kurschus an der Spitze der Kirchenleitung wolle er selbst nicht länger Mitglied dieses Gremiums sein.
Seit Juli 2022 kümmert sich das Beteiligungsforum Sexualisierte Gewalt der EKD um die Aufarbeitung von Missbrauchsvorwüfen. Betroffene sollen dort an Entscheidungen beteiligt werden. Die EKD gab außerdem eine Missbrauchsstudie in Auftrag, die im Januar veröffentlicht werden soll, und vom Beteiligungsforum ausgewertet werden soll.
Die Sprecher*innen des Beteiligungsforums dankten Kurschus in einer Stellungnahme für die Entscheidung, auf ihre Ämter zu verzichten: "Wenn es arbeits- oder dienstrechtliche Pflichtverletzungen gab, sind entsprechende Konsequenzen zu ziehen", heißt es in dem Schreiben. Es liege in der Verantwortung der Landeskirche für lückenlose und unabhängig durchgeführte Aufarbeitung zu sorgen.
Quelle: EKD/RB/EKvW
Die Amtsniederlegung der früheren EKD-Ratsvorsitzenden stößt in den Landeskirchen auf Respekt. Die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt rücke damit wieder in den Vordergrund.