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Transsexualität: Auf dem Weg zur 'Kirche für alle'
Erste kirchliche Stellungnahme
Die Broschüre mit dem Titel „Zum Bilde Gottes geschaffen. Transsexualität in der Kirche“ will aus bewusst christlicher Perspektive heraus einen Beitrag dazu leisten, dass Menschen in ihrer Vielfalt wahrgenommen und Diskriminierungen aufgrund von Geschlecht und sexueller Orientierung beendet werden. In Deutschland sind Schätzungen zufolge mehr als 100.000 Menschen transsexuell.
Der hessen-nassauische Kirchenpräsident Volker Jung bekräftigt im Vorwort der Handreichung, dass „geschlechtliche Vielfalt eine Herausforderung für kirchliches und kirchenleitendes Handeln“ sei. Dabei gehe es zunächst darum, geschlechtliche Vielfalt wahrzunehmen. Jung: „Das bedeutet für viele ein Umdenken. Wahrnehmung geschlechtlicher Vielfalt verlangt, den Horizont zu öffnen. Es ist nötig, eigene Denkmuster zu überprüfen.“ Dazu gehöre auch, sich vor Augen zu führen, , dass es Menschen gebe, „die sich zwischen oder jenseits eines zweigeschlechtlich definierten Lebens befinden“. Dies gehört nach Jung „zu der Vielfalt, in der Gott uns geschaffen hat. Wer das bejaht, kann dazu beitragen, Diskriminierung aufgrund von Geschlecht und sexueller Orientierung zu beenden.“ Jung erklärt weiter: „Hier dürfen wir nicht hinter dem Anspruch zurückbleiben, aus der Kraft des Evangeliums heraus Menschen zu helfen, ein Leben in Würde und Freiheit zu führen.“
Auf 40 Seiten zeigt die aufwändig illustrierte Broschüre theologische Grundlinien auf, weist auf neueste Erkenntnisse der Hirnforschung sowie medizinische und rechtliche Aspekte hin und lässt Betroffene eindrucksvoll selbst zu Wort kommen. Zentral ist dabei unter anderem der Fokus auf die biblische Schöpfungsgeschichte, die auf die Vielfalt des Lebens hinweise, und Gedanken des Apostels Paulus, nach dem im Glauben an Christus alle Abgrenzungen zwischen Menschen überwunden werden. Ergänzt wird die Handreichung durch einen ausführlichen Beratungsteil und Praxistipps. So wird etwa beschrieben, wie das Thema bei Jugendlichen sensibel in der Seelsorge angesprochen werden kann oder sich eine Kirchengemeinde beispielsweise konstruktiv mit der Frage nach einer dritten Toilette beschäftigen kann.
Ziel der Handreichung ist es in erster Linie, die Auseinandersetzung mit Transsexualität im kirchlichen Bereich anzustoßen. Sie wendet sich deshalb vor allem an beruflich und ehrenamtlich in der Kirche arbeitende Personen, aber auch an am Thema Interessierte. Dabei soll die Handreichung „neue und vielleicht auch ungewohnte Perspektiven eröffnen, Wissen über Geschlechter und dazugehörige Prozesse, Phänomene und Theorien vermitteln und Handlungsimpulse zur Gestaltung einer ‚Kirche für alle‘ geben.“ Denn die Kirche selbst habe der Publikation zufolge ihren eigenen aus dem christlichen Glauben begründeten „Anspruch auf gleichberechtigte Teilhabe aller noch nicht verwirklicht“. Den ersten Impuls zu der Veröffentlichung gaben vor zwei Jahren die Jugendvertreterinnen und Jugendvertreter in der hessen-nassauischen Kirche. Herausgegeben wird die Handreichung von der Fachgruppe Gendergerechtigkeit in der hessen-nassauischen Kirche, die unter anderem aus Theologen aber auch Naturwissenschaftlern und Pädagogen zusammengesetzt ist.