Bericht des Vorsitzenden zuhanden der Mitgliederversammlung der Gesellschaft für die Geschichte des reformierten Protestantismus e.V., digital, 12. März 2021
PD Dr. Hans-Georg Ulrichs
Liebe Vereinsmitglieder!
Während und nach der letzten Emder Tagung und unserer Mitgliederversammlung im März 2019 konnte noch niemand ahnen, was dann auch unsere Arbeit und unsere Möglichkeiten prägen sollte, nämlich die Corona-Pandemie. Wir, aber auch andere Akteure kirchenhistorischer Forschungs- und Erinnerungsarbeit mussten umdisponieren – denken wir nur einmal an die großen Pläne zur 500jährigen Wiederkehr des Reichstags zu Worms 1521 oder besonders
auch an die Pläne zum Gedenken der Emder Synode 1571.
Mit den Vorstandswahlen 2019 waren wir sehr optimistisch gestartet, hatten wir mit ihr doch ein lange angestrebtes Ziel realisieren können, nämlich entsprechend des historischen reformierten Protestantismus eine internationale Ausrichtung zu stärken: Im Vorstand sind vertreten zwei Schweizer (tätig im deutsch- und im französischsprachigen Raum), eine Niederländerin, eine Person ist wissenschaftlich in Frankreich verankert, weitere Vorstandsmitglieder bringen starke internationale Interessen mit und in die Arbeit ein. Bereits vor der Pandemie hatten wir begonnen, teilweise digital zu tagen und tun dies natürlich seit dem ersten lockdown –positiver Nebeneffekt: Wir sparen Reisekosten.
Die Pandemie spielte bei unseren beiden Sitzungen am 15. November 2019 und am 7. Januar 2020 noch keine Rolle. Neben der nächsten zu planenden Tagung konnte sich der Vorstand mit manchen Dingen beschäftigen, die die aktuellen Aktivitäten des Vereins befördern sollten: die Verwendung eines Erbanteils von € 10.000,- von Peter Brockhaus, ein Mobilitätsstipendium für Osteuropaforschungen (das von Nicola Stricker unter Punkt 9. Informationen noch vorgestellt werden wird) und ein von uns mitgetragener Studientag anlässlich des 100. Todestages von Abraham Kuyper.
Als mitlaufende Aktivitäten seien zwei Aufgaben aufgerufen:
Zum einen diskutierte der Vorstand – parallel zu den Arbeiten zur Veröffentlichung der Tagungsergebnisse vom März 2019 – Ort und Kosten unserer „Emder Reihe zum reformierten Protestantismus“. Nach der Übernahme von Neukirchen durch Vandenhoeck werden wir dort die Bücher gut machen und besser, nämlich auch international platzieren können. Allerdings wird es teurer werden, Bücher zu publizieren. Deshalb haben wir auch Alternativen gesucht und erwogen. Grundsätzlich sollen die Neukirchen-Reihen auch in Göttingen bestehen bleiben. Ein Gespräch mit dem damaligen Planungschef für Geisteswissenschaften bei V&R bestätigte das. Unterdes ist dieser Planungschef nicht mehr an Bord und V&R ist zum 1. März 2021 in Brill Deutschland aufgegangen. Wir werden dort nach meiner Einschätzung mit unserer Buchreihe wohl bleiben können, allerdings werden wir uns möglicherweise auf sich verändernde Bedingungen einstellen müssen.
Zum anderen läuft schon länger der Wunsch mit, die homepage stark zu überarbeiten und aktuell zu halten. Das wurde auch in Angriff genommen, stockte dann allerdings nicht zuletzt durch aktuelle berufliche Mehrbelastungen auf Grund der Pandemie. Diese Aufgabe bleibt kurz- und mittelfristig eine wichtige Herausforderung, zeigt aber eben auch die Grenzen eines ehrenamtlich organisierten Vereines auf. Umso dankbarer sind wir für die ständige professionelle Unterstützung durch die Geschäftsstelle des Reformierten Bundes (Christine Blume und Doris Maronde). Unser Schatzmeister ist unterdes als Generalsekretär des Reformierten Bundes ausgeschieden. Eine Nachfolge gestaltet sich derzeit offenbar nicht so leicht – die Stelle wurde soeben ein zweites Mal ausgeschrieben.
Abschließend komme ich zu Publikationen und Tagungen: Im Sommer 2020 erschien der Band mit den Vorträgen der deutsch-niederländischen Tagung vom November 2018: George Harinck/Hans-Georg Ulrichs (red.), Naaste verwanten / Nahe Verwandte. Het gereformeerde protestantisme in Nederland en Duitsland in de twintigste eeuw. Kenmerken, betrekkingen, verschillen, wisselwerkingen / Der reformierte Protestantismus in den Niederlanden und in Deutschland im 20. Jahrhundert. Signaturen, Beziehungen, Differenzen, Wechselwirkungen (ADChartasreeks 36 [Archiefen Dokumentatiecentrum Kampen]), Hilversum/NL 2020. Ohne Verschulden des Verlages und der Herausgeber erschien der Band unserer letzten Emder Tagung erst im Herbst des vergangenen Jahres, der Ihnen dann umgehend zugestellt wurde: Thomas K. Kuhn/Hans-Georg Ulrichs (Hgg.) unter Mitarbeit von Gianna Zipp, Bekenntnis im Konflikt. Streitgeschichten im reformierten Protestantismus, Vorträge der 12. Internationalen Emder Tagung zur Geschichte des reformierten Protestantismus (EBzrP 18), Göttingen 2020. Der bereits erwähnte Kuyper-Studientag fand zwischen den Covid-19-Wellen unter dem Titel „Eine eigene Gedankenwelt für das ganze menschliche Leben“ in Kooperation mit dem „reformierten Lehrstuhl“ am 25. September 2020 in Göttingen statt. Es sprachen drei Niederländer, eine Schweizerin und vier Theolog:innen aus Deutschland. Es gab Überblicke und Einblicke von Kuyper-Kennern, aber auch erste und nicht zuletzt kritische Annäherungen an diese niederländische Jahrhundertgestalt mit weltweiter Wirkung. Der Druck des Tagungsbandes ist vor wenigen Tagen frei gegeben worden; wir erwarten ihn entsprechend noch vor der Sommerpause (in der Reihe „Forschungen zur Reformierten Theologie“). Die Kosten sowohl der Tagung als auch der Publikation konnten komplett von Dritten eingeworben werden.
Besonders beschäftigte sich der Vorstand natürlich mit der eigentlich für dieses Wochenende projektierten Emder Tagung. Sie haben eine Einladung und den Programmflyer erhalten. Ausgehend von dem Jubiläum der Emder Synode sollte sie unter den Stichworten „Ordnung und Freiheit im reformierten Protestantismus“ einen weiten Bogen bis ins 20. Jahrhundert spannen. Neben erprobten Referent:innen waren neue Gesichter eingeladen, neu war auch die Kooperation mit der Vereniging voor Nederlandse Kerkgeschiedenis. Auf der Vorstandssitzung am 23. Oktober 2020 wurde nach intensiver Debatte eine Verschiebung in den März 2022 beschlossen – ein mutiger Schritt, aber genau der richtige, wie wir jetzt wissen, da wir uns derzeit in größeren Gruppen noch nicht präsentisch treffen können.
Der Vorstand hat unmittelbar vor dieser Mitgliederversammlung in seiner Sitzung beschlossen, dass angesichts der Terminverdichtungen und –kollisionen 2022 die verschobene Tagung vom März 2021 um ein weiteres Jahr auf 2023 verschoben wird bzw. die Tagung 2021 entfällt, auch um im gewohnten Turnus zu bleiben. Die Mitglieder sollen als Ersatz für den Tagungsband für 2021 eine Publikation erhalten (Vorschlag: Edition der Emder Akten von Freudenberg/Siller, Göttingen 2020). Außerdem werden für 2022 verschiedene kleinere und andere Formate erwogen. Bei seiner nächsten Sitzung wird der Vorstand darüber entscheiden. Der Termin für 2023 wird schon bald publik gemacht.
Nicht zur Disposition stand die Mitgliederversammlung und erst recht nicht die Verleihung des J.F. Gerhard Goeters-Preises. Unser Verein will Raum schaffen für die Präsentation von wissenschaftlichen Ergebnissen und diese dadurch fördern. Dazu gehört unser Preis für wissenschaftliche Qualifikationsarbeiten, der nach meinem Eindruck in der wissenschaftlichen Szene durchaus wahrgenommen wird. Die meisten bisherigen Preisträger:innen sind uns eng verbunden geblieben. Es wird uns gleich im Anschluss an diese Mitgliederversammlung eine Ehre sein, Frau Dr. Corinna Ehlers für ihre Tübinger Dissertation über den zweiten Abendmahlsstreit auszeichnen zu dürfen.
Ich danke herzlich für Ihre Aufmerksamkeit.